Perspektiven

Februar 2007
Diesmal also etwas Politisches. Eigentlich nicht schwierig in einem Land, in dem die Politik noch weiter oben auf der Tagesordnung steht als anderswo und in dem man es sich nicht leisten kann, uninteressiert, uninformiert und unparteiisch in den Tag hinein zu leben (was mich nicht davon abhält, das trotzdem manchmal zu tun). Hier passiert doch immer etwas.

Täglich fallen zum Beispiel Quassam-Raketen auf israelisches Gebiet, wie von Geisterhand. Das nennt sich Waffenstillstand. Das Selbstmordattentat in Eilat in der vergangenen Woche hat ebenfalls die Gemüter erhitzt, zumal es dort das erste seiner Art war. Im Büro verbreitete sich die Nachricht in Windeseile, gleichzeitig mit ungläubigem Erstaunen und der festen Überzeugung, es könne sich nur um eine Gasexplosion handeln. Pustekuchen!

Im Gazastreifen bekriegen sich Fatah und Hamas, dass es zum Fürchten ist. Und an der libanesischen Grenze ist die israelische Armee zur Zeit auf Bomben-Jagd.

Noch nicht genug? Dann darf man sich auch noch über die Korruption der israelischen Politiker sorgen. Alles marode. Da tut es mir gar nicht leid, dass ich mangels Staatsbürgerschaft nur auf kommunaler Ebene wählen darf. So muss ich mir wenigestens nicht den Kopf darüber zerbrechen, wer das kleinere Übel unter den wirklich Grossen ist.

Aber hier geht man fast alles mit (Galgen-)Humor an. Irgendwie. Vor wenigen Tagen sass ich in der Vorstandssitzung der Gesellschaft für Technische Kommunikation (STC), in der händeringend nach einem neuen Präsidentschaftskanditaten für die örtlichen Wahlen im März gesucht wurde. Alle drücken sich, keiner will Verantwortung übernehmen. Als die Stimmung auf dem Nullpunkt ist, wirft die derzeitige Schriftführerin ein: „Ich habe gehört, Katsav steht wieder zur Verfügung.“

Internationale Nachrichten, sofern sie nicht irgendwie Israel berühren, verlieren sich da eher im Informationsdschungel. Die EU-Ratspräsidentschaft Angela Merkels zum Beispiel findet nur am Rande Erwähnung. Eine kleine Notiz unter ferner liefen. Merkels Reise in die Region und ihre Bemühungen um Frieden im Nahen Osten dagegen werden ausführlich dokumentiert und kommentiert, ebenso wie ihre Besorgnis angesichts wachsender rechtsradikaler Gewalt in Deutschland. Alles ist eben eine Sache der Perspektive.

1 Kommentar:

Skye Frontier hat gesagt…

Over the years, one gets numbed by the quantity and frequency of the outrages perpetrated by both sides in this idiotic conflict. In the end, it just barely registers on the outtermost edge of the personal radar as one goes about one's life. I guess we've all accepted it as never ending.