"Last Christmas"

Dezember 2006

Heute Morgen im Radio habe ich tatsächlich ein Weihnachtslied gehört. Plötzlich fand ich mich zu den Klängen von George Michaels „Last Christmas“ wieder. Das war ganz klar ein Ausrutscher des diensthabenden DJs. Normalerweise wird dieses Lied im Februar oder im Juni als Schlager gespielt, aber nie zur Weihnachtszeit. Es ist beinahe, als gebe es diesbezüglich ein ungeschriebenes Gesetz. Der Ärmste. Ich frage mich, ob dieser Missgriff für ihn Konsequenzen haben wird. Mir hat er gefallen — ich habe lauthals mitgesungen.

Wie ich mich persönlich auf Weihnachten vorbereite? Mit einer roten Nase, die dem Weihnachtsmann alle Ehre machen würde. Aber mal abgesehen von den Klängen heute morgen ist hier natürlich wie immer vom herrannahenden Fest nichts zu spüren. Selbst die Freundin, die mir in all den letzten Jahren jedes Mal pünktlich einen Adventskalender geschickt hat, hat schliesslich ein Einsehen gehabt, denn ein Kalender macht schliesslich noch keinen Advent. So ist das also: Wenn ich die Feiertage nicht in Deutschland verbringen würde, ginge das Weihnachtsfest völlig unbemerkt an mir vorüber. Dann müsste ich mir vermutlich einen Wecker stellen, um nicht zu vergessen, meiner Familie ein frohes Fest zu wünschen.

Ich sehe das positiv. So konnte ich meine Weihnachtseinkäufe ohne grosses Gedränge und Geschiebe hinter mich bringen, bei weitgehend blauem Himmel und Temperaturen über 20 Grad. Kurzfristig hatte ich vor, einen adventlichen Apfelkuchen zu backen, aber davon haben mich andere Pläne in letzter Minute abgebracht. Stattdessen habe ich eine Chanukka-CD eingelegt, um mit meinem Sohn eine Runde zu tanzen. Denn das Lichterfest, von dem ich in den vergangenen Jahren schon einige Male erzählt habe, steht an.

Zur Auffrischung: Es erinnert an die Reinigung des Jerusalemer Tempels von den griechischen und hellenisierenden Götzenanbetern und die Erneuerung des Gottesdienstes. Das geschah im Jahr 164 vor unserer Zeitrechnung. Man spricht auch vom Chanukka-Wunder über den einzigen Krug reinen Öls, denn statt einem einzigen Tag brannte es ganze acht Tage lang. Daher die acht Kerzen, von denen wir in diesem Jahr am Abend des 15. Dezember die erste anzünden. Daher auch das Ölgebäck, das zu diesem Fest in Unmengen verschlungen wird. Da dieses Fest wie alle jüdischen Feste dem hebräischen Kalender gemäß gefeiert wird, fällt es jedes Jahr auf ein anderes Datum des gregorianischen Kalenders. Damit ist wohl die scheinbar ignorante Frage zu erklären, die ich hier manchmal zu hören bekomme: „Wann ist denn dieses Jahr Weihnachten?“

Derweil herrscht grosse Aufregung, weil Yair seine erste Chanukka-Feier im Kindergarten verpassen wird. Ausgerechnet zur geplanten Stunde sitzen wir bereits im Flieger gen Deutschland. Alle Bemühungen väterlicher- und grossmütterlicherseits, die Feier vorverlegen zu lassen, sind ins Leere gelaufen. Mit israelischer „Chuzpe“ (Unverschämtheit kommt diesem Wort im Deutschen wohl am nächsten) lässt sich eben doch nicht alles erreichen.

Ich bleibe davon eher unberührt (es wird noch viele andere Feiern geben) und zähle unbeirrt die Tage bis zu unserem Deutschland-Flug. Der rückt mit Riesenschritten näher und beeinflusst meinen Stresspegel, weil ja noch so viel zu erledigen ist, bevor wir uns auf den Weg machen. Übrigens beobachte ich mit zunehmender Sorge die Wetteraussichten. Was sich da anbahnt, ist alles andere als feierlich. Mich dünkt, der Schneeanzug, der schon für Yair für diese eine Woche bereit liegt, wäre besser im Laden geblieben. Oder gibt es noch Hoffnung?

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