Hoffnungsschimmer

Dezember 2004
Wenngleich es nicht weihnachtet, so stehen hier doch viele Zeichen auf Hoffnung. Das Land grünt ob der endlich fallenden Niederschläge, die an manchen Tagen sintflutartig herabstürzen, aber niemals ganz das Licht und die wärmenden Strahlen der sanften Wintersonne zu verdrängen vermögen. An Chanuka, nicht viel mehr als einen Monat nach Arafats Ableben, leuchten Kerzen in die Nacht, klingen hoffnungsfrohe Lieder durch leicht geöffnete Fenster, schlägt die Natur aus und das Herz höher.
Die Zeitung "Haaretz" berichtet zwar noch nicht von einem Friedensabkommen mit den Palästinensern, aber immerhin ist eine Einigung hinsichtlich der anstehenden Wahlen erzielt worden. Ein Waffenstillstand ist in Sicht. Gleichzeitig haben sich die diplomatischen Beziehungen zu Ägypten so drastisch erwärmt, dass Hosni Mubarak, das ägyptische Staatsoberhaupt, jetzt sogar ein Fenster zum Frieden mit Kuwait und den Golfstaaten öffnen will, die ihrerseits nicht abgeneigt scheinen. Deren Einfluß möchte er dann nutzen, um Syrien zu mehr politischen Zugeständnissen zu bewegen. Alles deutet also auf positive Veränderungen hin—die Zeit des Umbruchs scheint gekommen.
Bis wieder ein Anschlag verübt wird, dieses Mal auf einen Militärstützpunkt im südlichen Gazastreifen. Fünf israelische Soldaten kommen dabei ums Leben, und das nur Stunden, nachdem die israelische Regierung die Freilassung von bis zu 200 palästinensischen Häftlingen angekündigt hat. Für die Hamas geht der Kampf weiter. Im Gegenzug beginnt Israel mit einer Reihe gemäßigter Vergeltungsschläge, ohne jedoch die Freilassung der Häftlinge aufzuheben...
Hoffnungsschimmer hin oder her, die Verfolgung der politischen Lage ist ermüdend und der Duft frischgebackener Souvganiot, mit viel Puderzucker bestäubt und reichlich Marmelade gefüllt, weit verlockender als die täglichen Schlagzeilen. Vielleicht bleibt mein persönlicher Alltag deshalb davon eher unberührt. Viel mehr fällt ins Gewicht, dass mir dieses Jahr einmal mehr der Vorweihntachtsrummel entgeht.
Wenngleich Weihnachtseinkäufe auch hier in Streß ausarten können. Als mein Mann sich am Ende unserer Tour völlig erschlagen auf einen Stuhl neben der Kasse fallen läßt, lächelt die Verkäuferin mitfühlend und bemerkt (mit einem Blick auf mich, die noch immer unentschlossen zwischen den Regalen hin und her wandert): "Ganz schön anstrengend, so eine Schwangerschaft, was?" Sie kann nicht ahnen, wie richtig sie damit liegt—schließlich ist er derjenige, der all die Tüten und Päckchen anschließend zum Auto schleppen muß. Dafür machen wir auf dem Weg aber noch für ein Sandwich und einen Kaffee halt, um Energie zu tanken.Jetzt sind all die mit Liebe ausgesuchten Geschenke auf dem Weg nach Deutschland. Ohne mich zwar, aber das trage ich dieses Jahr mit Fassung. Vielleicht werden wir das Weihnachtswochenende in Jerusalem verbringen. Auf Kosten unserer Küchenfirma, die so lange brauchte, um unsere zusätzlichen Schränke einzubauen, dass sie zu guter letzt um eine Wiedergutmachung nicht herum kam: Übernachtung mit Frühstück in einem Fünf-Sterne-Hotel unserer Wahl. Und während ich mich über den Vertragsbruch schon gar nicht mehr aufregen kann, freue ich mich auf Jerusalem, die goldene Stadt mit ihrer besonderen Atmosphäre, in der wir sicherlich ein wenig Weihnachtsluft schnuppern können.

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